Club-Rangliste

Sind Masterpunkte und Clubpunkte ein Maßstab für die Stärke eines Bridgespielers?
Wenn Sie das glauben, dann schauen Sie mal in die Rubrik Lifemaster in einer Masterpunktliste des Deutschen Bridge-Verbands:
Sie finden dort an der Spitze Spieler, die in einem langen Bridge-Leben viele Erfolge erzielt haben und auch heute noch gut spielen, aber bei weitem nicht mehr so gut, wie es ihre Masterpunkte im Vergleich zu denen guter jüngerer Spieler vortäuschen.
Hier sind die Masterpunkte nur Geschichte.

Und zu wie vielen Punkten können wohl zwei gleich starke gute Spieler kommen, die zweimal wöchentlich ihre Clubturniere spielen - der eine in Bonn (ein paar hundert Mitglieder), der andere in einem kleinen Club?
Die vielen süßen Punkte sind nur in den großen Clubs erreichbar.

Deswegen wurden schon verschiedentlich Versuche unternommen, die Spielstärke mit anderen Maßstäben zu messen.
Einen solchen Maßstab stellt RuderSyv mit seinem Programmteil Rating zur Verfügung. Der Programmierer Dirk Willecke gab mir dazu diese Informationen:

Idee: Auf Basis der erspielten Ergebnisse erhält jeder Spieler eine Ratingzahl. Je höher die Zahl ist, desto größer ist die errechnete Spielstärke. Der Durchschnitt der Ratingzahlen, die beim ersten Turnier vergeben werden, ist 50.
      (Im Bridge-Club Göppingen haben wir 48 angesetzt, damit die Ratingzahl ungefähr den Prozentsatz zeigt, den ein Spieler in einem durchschnittlich besetzten Landesverbands-Paarturnier erreichen sollte.)
Eine Differenz von 1 Punkt bedeutet etwa einen Spielstärkeunterschied von 1%. Ein Beispiel:

Howell-Turnier, jeder gegen jeden. Spieler A hat eine Ratingzahl von 58 und spielt zusammen mit Spieler B, der 44 Ratingpunkte hat. Im Durchschnitt hat das Paar dann 51. Wenn der Durchschnitt der Gegner 54 ist, dann ist das Paar 3 Punkte schlechter als der Durchschnitt der Gegner. Es ist deshalb zu erwarten, dass das Paar 47% erzielt. Wenn das Paar nun 49% erzielt, ist dies besser als erwartet, und beide Spieler verbessern ihre Ratingzahl. Bei einem schlechteren Ergebnis als 47% erhalten die Spieler einen Abzug.

Die Höhe des Zugewinns bzw. Abzugs ist abhängig davon, auf welche Datenbasis sich die bisherige Zahl stützt. Ist es für beide Spieler erst das zweite Turnier, wird das neue Turnier hälftig eingerechnet. Bei einem Ergebnis von 49% erhielten beide Spieler einen Zugewinn von 1 Punkt; ihre neuen Zahlen wären also 59 für A und 45 für B. Tatsächlich wird die anteilige Berechnung sogar auf Basis der gewerteten Boards berechnet. Ab einer Datenbasis von 300 Boards wird die Dynamik nicht mehr verringert, sonst würden sich die Ratingzahlen nur noch marginal ändern. Ein Turnier über 30 Boards zählt also zu einem Zehntel, wenn man schon eine Zahl aus einer solchen Basis hat.

Grundsätzlich erhalten beide Spieler einer Partnerschaft den gleichen Zuwachs oder Abzug, denn aus den Ergebnissen kann man nicht herleiten, welcher Spieler einen größeren Anteil am Erfolg oder Misserfolg hat. Wenn jedoch die Spieler unterschiedliche Dynamiken haben, weil beispielsweise die Ratingzahl von Spieler A bereits aus vielen Turnieren berechnet, aber für Spieler B erst ein Turnier gewertet wurde, dann erhält Spieler B einen größeren Anteil – sowohl im Erfolgs wie auch im Misserfolgsfall.

Die Entsprechung von 1 Ratingpunkt zu 1 Prozentpunkt gilt nur in der Nähe von 50%. Ab einer Differenz von 10 Ratingpunkten steigt die erwartete Prozentzahl langsamer an. Ein Ergebnis über 75% wird niemals erwartet.

Etwas detaillierter:

Da aus den verfügbaren Daten eines Turniers nicht hergeleitet werden kann, wie sich die Leistung eines Paares auf die beiden Spieler verteilt, wird zunächst die Ratingzahl eines Paares als arithmetisches Mittel der beiden Spielerzahlen ermittelt.
Bei der Berechnung des Turniererfolgs berücksichtigt RuderSyv genau das Movement. In einem Paarturnier mit Matchpunktabrechnung werden auf jedem Boardzettel alle Anschriften paarweise verglichen. An jedem Vergleich sind vier Paare beteiligt, zwischen denen vier Matchpunkte aufgeteilt werden. Hierbei ist das Nord-Süd-Paar des einen Tisches verbündet mit dem Ost-West-Paar des anderen Tisches und umgekehrt. Die jeweils verbündeten Paare erhalten für den „Mikro“-Vergleich die gleichen Matchpunkte zugeteilt (0, 1 oder 2 MP). Das Ratingverfahren berechnet den Sollwert für das Nord-Süd-Paar am ersten Tisch und dem Ost-West-Paar des zweiten Tisches nach einer Formel, die den erwarteten Wert in Prozent ermittelt. Wenn die verbündeten Paare beispielsweise eine Ratingzahl haben, die jeweils 3 Punkte höher ist als die Zahl des jeweiligen Gegnerpaares, dann liefert diese Formel: diff = 6 und damit die Erwartung = 55,89 %. Im Bereich von niedrigen diff-Werten ist die Funktion fast linear, so dass ein Unterschied von 1 Punkt einem Prozentpunkt im Ergebnis entspricht. Für höhere Differenzen flacht der Funktionskurvenverlauf ab und nähert sich asymptotisch 75, so dass auch bei großen Spielstärkeunterschieden nie mehr als 75% für die stärkeren Paare als Sollwert angesetzt werden. Durch Addition der Sollwerte für alle Anschriftenvergleiche kann ein Turnier-Sollwert für alle Paare berechnet werden. Übertrifft ein Paar seinen Sollwert, so erhöht sich die Ratingzahl beider Spieler um einen gewissen Anteil, der von der Anzahl der gespielten Boards im Turnier und von der Boardanzahl abhängt, auf der die bisherigen Ratingzahlen basieren. Wenn beide Spieler über eine Ratingzahl mit ausreichender Grundlage verfügen (jeweils mindestens 300 gewertete Boards), so wird ihre Zahl um den gleichen Betrag ansteigen. Erreicht ein Paar seinen Sollwert nicht, ergibt dies entsprechende Abzüge.

Nehmen Spieler am Turnier teil, die bislang noch nicht über eine Wertungszahl verfügen, so wird deren erste Wertungszahl anhand des ersten Turnierergebnisses bestimmt. Für die anderen Spieler gilt die erste Wertungszahl als Basis, um deren Sollwerte zu berechnen. Dazu wird mit einem iterativen Verfahren das Turnier mehrfach durchgerechnet.

Sowohl Paar- als auch Team- und Individualturniere können ausgewertet werden. Wenn ein Turnier nach Imps abgerechnet wird, dann rechnet RuderSyv die erzielten Imps intern in Prozente um. Im Internet ist eine Untersuchung zu finden, bei der als Umrechnungsfaktor ermittelt wurde, dass 1 Imp pro Board 5,65 Prozentpunkten entspricht. Wenn man also über 30 Boards 15 Imps gewinnt (natürlich auf die Anzahl der Vergleiche pro Board normiert), so entspricht dies einem Prozentergebnis von 52,83%. Mit diesem Wert wurden bislang auch gute praktische Erfahrungen gesammelt.